Sieben Strategien für einen erfolgreichen Umgang mit Populisten

Der Siegeszug des Populismus hat mit Donald Trumps Einzug ins Weiße Haus einen neuen Höhepunkt erreicht. Populisten in ganz Europa reiten auf der Welle aus Wut, Empörung und Angst, die sich in Parolen wie „Die Flüchtlinge überfremden uns; außerdem sind sie sowieso alle entweder kriminell oder Terroristen“ oder „Die heutigen Politiker sind faul und korrupt; wir brauchen endlich wieder einen starken Mann“ äußern.

Populistische Parolen werden salonfähig

Immer mehr Menschen fühlen sich solchen Parolen hingezogen und machen sie wieder salonfähig. Wie können wir diese Menschen für demokratische und rechtsstaatliche Ideen gewinnen? Kann man in Zeiten „alternativer Fakten“ durch Argumente überhaupt überzeugen?

Der Dialog mit Menschen anderer Meinungen ist zentraler Bestandteil der Demokratie. Wir müssen Menschen anderer Meinungen ernst nehmen und respektieren. Es hilf nichts sich über die „Dummheit“ oder „Menschenverachtung“ solcher Äußerungen zu echauffieren.

Reden – aber mit wem?

Einigen populistischen Politikerinnen und Politikern darf man das Gespräch jedoch getrost verweigern. Es geht ja nicht allen Menschen um die Vertretung ihrer Werte oder Meinungen, wenn sie den Mund aufmachen. Manche Menschen äußern solche Parolen sehr zielgerichtet und interessengeleitet. Bei den meisten Politikerinnen und Politiker der AfD, des Front National oder der Partij voor de Vrijheid gehen die meisten Argumente in der Tat ins Leere.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch die vielen potentiellen Wählerinnen und Wähler populistischer Parteien. Mit diesen sollten wir einen konstruktiven Austausch auf Augenhöhe suchen. Wir sollten unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger ansprechen – und zwar mit Respekt, selbst wenn wir deren Meinungen für falsch oder unmoralisch halten.

Strategien im Umgang mit populistischen Parolen

Im Alltag sollten wir daher beherzt eingreifen, wenn rassistische, sexistische, demokratiefeindliche oder anderweitig menschenverachtende Parolen geäußert werden. Auf das darauffolgende Streitgespräch kann man sich sowohl inhaltlich als auch sprachlich gut vorbereiten.

Diese sieben Strategien bieten eine erste Hilfe, das Gespräch mit Populisten erfolgreicher zu gestalten:

  1. Beim Thema bleiben. In Diskussionen wird oft abrupt das Thema gewechselt und vereinfachende Parolen werden schnell hintereinander geäußert. Wie reagiert man darauf? Am wichtigsten: Das Parolenspringen nicht mitmachen. Lieber einfach nochmal nachhaken: „Kannst du mir erst noch erklären, was du gemeint hast, als du sagtest…“
  2. Gezielt nachfragen. Oft ist nämlich auch den Parolenschwingern selbst nicht ganz klar, was sie sagen. Dabei ist es essentiell, zunächst zu verstehen, was das Gegenüber überhaupt behauptet. Daher steht am Anfang immer der aufrichtige Wunsch zu verstehen. Und das sollte möglichst auch signalisiert werden: „Ich verstehe das noch nicht genau. Was genau meinst du, wenn du sagst, dass die Politiker korrupt sind?“
  3. Nicht belehren. Wer belehrt, demonstriert höhere Erkenntnis. Das schafft zunächst einmal (nicht unbegründet) Abwehr. Fakten überzeugen nur bedingt. Und wer will schon moralische Wahrheiten gepredigt bekommen? Vermeide daher zu moralisieren. Besser ist es zu fragen und persönliche Bezüge herzustellen: „Wie ging es deutschen, geflüchteten Familien nach dem zweiten Weltkrieg? Was unterscheidet sie von syrischen Familien heute?“
  4. Probleme verdeutlichen. Populistische Parolen sprechen pauschalisierend in Stereotypen von den Anderen. Zwar reichen einzelne Ausnahmen in der Regel nicht, um ein Stereotyp aufzubrechen. Aber es hilft dennoch, das „Die“ aufzulösen: „Du behauptest, die Politiker sind korrupt. Aber was ist mit dem und dem und dem..“ Zudem stecken populistische Parolen oft voller Widersprüche, die du mit etwas Hintergrundwissen leicht aufdecken kannst. Beinahe jeder – auch die meisten „post-faktischen“ Anhänger Trumps oder der AfD  – sind an innerer Widerspruchsfreiheit interessiert.
  5. Deeskalieren. Populismus lebt von Angst und Wut. Diese Gefühle brechen oft auch im Gespräch auf und führen dazu, dass ein richtiger Meinungsaustausch unmöglich wird. Dem kannst du entgegenwirken, indem du diese Gefühle ansprichst und Witz oder Ironie einbringst. Wichtig ist daher: Ruhig bleiben. Die eigenen Emotionen kontrollieren – und, wenn möglich, die des Gegenübers auch.
  6. Perspektive wechseln. Die Gräben zwischen den Gesprächsparteien scheinen oft unüberbrückbar. Ganze Ideologien prallen aufeinander. Die erzeugte Angst und Wut verstärken die Kluft noch. Hier können oft auch inhaltlich Brücken gebaut werden. Statt zu moralisieren kannst du Argumente mit den Werten des Populisten „reframen“ (hier sind einige Beispiele). Damit kannst du auch Menschen mit diametral anderen Wertvorstellungen und Weltbildern abholen. Wichtig ist jedoch, dass du dabei authentisch bleibst und gewisse Grenzen nicht überschreitest. Wie sinnvoll ist es, den AfDler zu überzeugen, dass die etablierten Partien nicht alle schlechte Politik machen, indem  man darauf verweist, dass auch sie geflüchtete Menschen zum Teil unmenschlich behandeln?
  7. Ansprüche reduzieren. Gleichzeitig solltest du dir nicht immer zum Ziel setzen, dein Gegenüber zu überzeugen. Demokratie lebt von Meinungsverschiedenheiten. Andere Menschen haben ein Recht darauf, ihre – von der deinigen abweichende – Meinung zu haben. Wichtig ist daher, auch auf die (noch) Unentschiedenen zu achten. Diese kann man in einer Diskussion, in der du dich gegen Populisten stellst, davon überzeugen, dass es auch die andere – differenzierte und (empirisch und moralisch) besser begründete – Meinung gibt. Selbst wenn die Chancen gering sind, die Diskussion mit Argumenten zu gewinnen, sollten wir das Feld nicht den Populisten überlassen!

Die sieben Strategien für den Umgang mit Populisten ähneln den zehn Regeln für eine gute Debatte auf ZEIT ONLINE. Eine gute Voraussetzung für ein konstruktives Streitgespräch mit Populisten ist auch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Populismus.

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David Lanius
Forscher am DebateLab des KIT
David Lanius ist Gründer und Leiter des Forums für Streitkultur sowie Forscher am DebateLab des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf strategischer Unbestimmtheit in Recht und Politik, Populismus, Fake News und den Möglichkeiten und Grenzen von konstruktivem Diskurs.