Hass im digitalen Raum

Der digitale Raum ist essentieller Bestandteil unseres gesellschaftlichen Lebens. Soziale Medien nehmen eine zentrale Rolle in unserem Alltag und Umgang miteinander ein. Dementsprechend gelten auch hier die Regeln des gesellschaftlichen Miteinanders und der konstruktiven Gesprächsführung. Diese Regeln werden durch Hassrede allerdings strategisch boykottiert, was die demokratische Streitkultur gefährdet. Die hasserfüllten Reaktionen auf die 16-jährige Klima-Aktivistin Greta Thunberg sind nur ein – besonders sichtbares – Beispiel unter zahllosen Fällen von Hassrede.

Hass als Strategie

Neben den Vorteilen der Kommunikations- und Ausdrucksmittel im digitalen Raum gibt es leider auch Nachteile: Trolle und Hater verbreiten Fake News sowie Hetze und nutzen die Funktionslogiken der sozialen Medien strategisch aus, um ein Klima des Hasses zu schüren und den politischen Diskurs zu dominieren (Aufmerksamkeitsökonomie). Im gesellschaftlichen Diskurs hat Hass mit einem erstarkenden Rechtspopulismus zugenommen. Gerade Rechtspopulist*innen nutzen das Internet und soziale Medien in ihrer Kommunikationsstrategie ganz bewusst um gezielt Stimmung zu machen (bspw. gegen die Klimabewegung Fridays For Future), Desinformation zu verbreiten und mit Hilfe von Hass einzuschüchtern, um damit den digitalen Raum zu dominieren. In diesem Sinne ist Hassrede kein Massenphänomen, sondern geht von wenigen Usern/Accounts aus, die sehr bewusst aktiv und salient versuchen, damit Diskussionen im Internet für ihre Zwecke zu missbrauchen.

Hass ist keine Meinung

Hassrede nimmt hierbei nicht die Form einer Meinungsäußerung an, die im Sinne der Meinungsfreiheit an einem konstruktiven Austausch oder einer Diskussion mit Argumenten interessiert ist. Verbaler Hass kann selbst bereits als eine Form der Gewaltanwendung gelten und ist eine sprachliche Handlung gegen Einzelpersonen und/oder Gruppen mit dem Ziel der Abwertung oder Bedrohung aufgrund deren Zugehörigkeit zu einer benachteiligten Gruppe in der Gesellschaft. Dies umfasst (strukturelle) Diskriminierung und damit Rassismus, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Abgesehen davon zeigt sich, dass durch verbalen Hass die Hemmschwelle zur Gewalt in der analogen Welt durch sich akkumulierenden verbalen Online-Hass gesenkt wird. Wir sehen das an Beispielen wie dem Mord an dem hessischen Politiker, Walter Lübcke, dem Anstieg politisch motivierter rechter Gewalttaten, oder auch, wenn wir den Blick weiten, am Beispiel der ethnischen Säuberung im buddhistisch geprägten Myanmar an der muslimischen Minderheit, den Rohingya. Gegen diese wurde auf den sozialen Medien massiv Hetze verbreitet und zu Gewalt aufgerufen.

Der Umgang mit Hass

Doch wie kann mit diesem Hass umgegangen werden? Angesichts gezielter Hass-Kommentare und Shitstorms gewinnt die Frage des richtigen Umgangs weiter an Bedeutung. Spätestens seitdem im Oktober 2017 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zur Regulierung von Social-Media-Plattformen in Kraft getreten ist, besteht eine rege Auseinandersetzung darüber, welche Maßnahmen geeignet sind, um Hassrede einzudämmen. Auch wird nach dem Anschlag in Halle (Saale) auf eine Synagoge im Jahr 2019 die Thematik mit einem Kabinettsbeschluss, Hass im Netz härter zu bestrafen, wieder auf die Tagesordnung gehoben.

Für den Umgang mit Hass im Netz gibt es kein Patentrezept.

Grundsätzlich gibt es mindestens fünf Möglichkeiten des Umgangs mit Hassrede: ignorieren, diskutieren, ironisieren oder (im Fall justiziabler Äußerungen wie Bedrohung, Beleidigung, öffentlicher Aufforderung zu Straftaten oder Volksverhetzung) melden, anzeigen und (falls möglich) löschen. Helfen kann hierbei die Mel­de­stel­le des Bundeskriminalamts für Hetze im Internet „respect!“. Hilfestellung beim direkten Umgang können online tools, wie das der neuen deutschen medienmacher*innen, oder des No Hate Speech Movement bieten.

Der digitale Raum als demokratischer Raum

Es wäre falsch zu denken, dass der digitale Raum von unserem alltäglichen Leben separiert werden kann. Schlechte Tipps für Betroffene von Hass oder Cybermobbing, wie „lösch dich doch einfach“ negieren, dass der digitale Raum ein fester Bestandteil gesellschaftlichen Lebens ist, der auch demokratischen Regeln, Rechten und Umgangsformen unterliegt. Was wir aber sehen ist, dass Hassrede ganz grundsätzlich den sozialen Umgang mit Andersdenkenden und die demokratische Streitkultur negativ beeinflusst.

Da der digitale Raum als freiheitlicher, öffentlicher und demokratischer Raum und die Menschen, die sich darin bewegen, schutzbedürftig sind, muss entsprechend reguliert, aufgeklärt, (weiter-)gebildet und sensibilisiert werden für die Schattenseiten, die das Internet mit sich bringt.

Dieser Artikel ist ebenfalls im Tagungsreader zur medienpädagogischen Netzwerktagung „Medienkompetenz stärkt Brandenburg“ des Landesfachverbands Medienbildung Brandenburg e.V. erscheinen.

Janis Prinz
Mitarbeiter des Progressiven Zentrums
Janis Prinz ist Trainer beim Forum für Streitkultur und Mitarbeiter des politischen Think Tanks Das Progressive Zentrum. Bereits neben dem Studium hat er sich im Debattierclub Magdeburg für eine demokratische Streitkultur engagiert. Sein thematischer Schwerpunkt ist der Umgang mit Populismus sowie klimapolitische Fragen und Fragen der Gerechtigkeit.